Charles Unwin ist Schreiber in einer Detektivagentur und in seinem Job ein sehr gewissenhafter Mann. Jahrelang arbeitete er die Fälle seines Detektiv Travis Sivart auf und verfasste darüber Berichte, während dieser den Ruhm für die Lösungen bei „den drei Morden des Colonel Baker“, „dem ältesten Mordopfer der Welt“ und natürlich „dem Mann, der den zwölften November stahl“ einheimste. Doch als Sivart spurlos verschwindet, wird Unwin überraschend zum Detektiv befördert und die „Frau im karierten Mantel“ nimmt seinen Platz in der Agentur ein. Für Unwin steht fest: Er ist kein Detektiv. Er will einfach nur Sivart finden und seinen alten Job wieder. Und natürlich herausfinden, wer die Frau im karierten Mantel ist, die er seit einer Woche wartend am Bahnsteig beobachtet. Unwin begibt sich auf die Suche nach dem verschollenen Detektiv und stapft in ein Netz aus komplizierten Lügen, geheimen Machenschaften und skrupellosen Bösewichten, die nicht einmal bei den Träumen der Menschen Halt machen. Unwin muss sich bald eingestehen, dass die Zeit seiner erholsamen Nächte endgültig vorbei ist. Denn Schlafen ist so ziemlich das Gefährlichste, das man tun könnte, wenn man nicht weiß, wer dich in deinem Traum verfolgen könnte. Berry schafft es zielsicher, Charles Unwin von der ersten bis zur letzten Seite zu porträtieren, in einer Art, die sowohl äußerst menschlich, aber auch herrlich tief greifend ist. Nach dieser Lektüre habe ich das Gefühl, nicht nur Unwin ist aus seinem Traum erwacht, sondern auch ich. Unwirklich, bizarr, man wusste beim Lesen nie ganz ob man nun wach oder träumend war, aber genau das macht den Reiz dieses Buches aus. Die Ungewissheit, dass das allwissende Auge der Agentur (das ist ihr Markenzeichen) auf einem ruhte, etwas in der Hinterhand hielt und Unwin scheitern würde. Der Plot ist zwar gradlinig (Suche nach Sivart), aber die Hinweise drehen und wenden sich, Berry lockt einen in Fallen und deckt immer wieder Details auf, die anscheinend nichtig, aber nicht unwichtig waren. So werde ich wohl nie wieder orangerote Blätter und Ahornflieger betrachten können, ohne an Sivart in der Badewanne zu denken, der mit seiner Zigarre im Mund raunte: „Charlie, Sie streichen in Ihren Berichten all die guten Stellen raus!“. Die vielen authentisch wirkenden Figuren überzeugen und schaffen es Unwin (und mit ihm den Leser) in eine melancholische, triste Welt zu ziehen, in der nicht nur die beständigen Regenwolken nach ein bisschen Sonnenlicht schreien. Dazu präsentiert Berry ein absolut bestechendes Konzept. Das Handbuch der Detektive ist aufgebaut wie sein Gegenstück im Roman. Kapitel für Kapitel eignet sich Unwin die Kenntnisse seines neuen Berufes an und der Leser mit ihm. Fazit: Sei auf der Hut vor deinen Träumen! Sie führen dich an Orte, die man nicht betreten sollte, und verwickeln dich in Geschichten, von denen man lieber nicht hören möchte – dafür aber definitiv lesen! Ein wirklich überzeugendes Buch, das selbst nach der letzten Seite einen noch zum Nachdenken anregt, wie sehr wir Menschen durch unsere Träume beeinflussbar sind und wie unerklärlich dieser Part in unseren Unterbewusstsein doch ist. Link zu Amazon

Jedediah Berry – Handbuch der Detektive

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