Am 25.1.2011 war ich zum Lesefest der Max-Brauer-Schule in Hamburg Altona eingeladen, bei dem den Schülern das Vor- und selbstständige Lesen nähergebracht werden sollte. Das hieß für mich zu allererst sehr, sehr früh aufstehen. Um vier Uhr morgens klingelte der Wecker und das nach einer Chaosnacht. Ja, ich gebe zu, ich habe am Abend davor Panik ohne Ende geschoben und kaum vier Stunden geschlafen. „Es sind nur Kinder“, meinte Dominic zwar immer wieder, aber es sollten fast siebzig zu meiner Lesung kommen. Siebzig! Darf man da nicht Panik haben?

Wachgerüttelt wurde ich dennoch durch etwas anderes. Kaum hatte ich den Berliner Hauptbahnhof betreten, bemerkte ich das Undenkbare. An meinem rechten Ringfinger war … nichts. Ich konnte doch nicht auf der kurzen Taxifahrt … nein. Nein, das war nicht möglich. Deswegen habe ich auch alle Passanten, die vor dem Bahnhof warteten, gebeten, mit mir den Ring zu suchen. Für halb sechs Uhr morgens, waren auch alle eifrig dabei.
Aber Entwarnung: Er ist am Reißverschluss meiner Tasche hängen geblieben und nicht verloren. Obwohl Dominic mir keine Vorwürfe oder dergleichen gemacht hätte, aber mein RING. Ich hoffe die Betonung wird via Internet vernünftig übermittelt. 😉

Nach diesem Schockerlebnis wusste ich jedoch eins. Egal was auch in Hamburg passieren würde, es konnte nicht Schlimmeres werden als der geglaubte Verlust meines Eherings. Man sagt ja Zufälle passieren nie ohne Grund und ich danke diesem. Dennoch war ich erst beruhigt, als im Zug saß. Ohne spontanen Gleisänderungen oder Verspätungen der Bahn zum Opfer gefallen zu sein. Als der Zug anfuhr, hatte es etwas Endgültiges. Ich fuhr nach Hamburg. Ob all die Vorleserunden vor meinem Camcorder genutzt hatten? Ob ich mich verhaspeln würde? Daran dachte ich nicht. Ich fuhr und damit war es klar, dass ich es durchziehen würde.

Zu meiner Reise gibt es nichts Erstaunliches zu berichten. Außer absolute Dunkelheit und absolute Stille meiner schlafenden Mitreisenden. Abgesehen davon hielt der ICE öfter in Hamburg als auf der Fahrt dorthin; selbst wenn man Berlin Spandau als eigenen Ort mitrechnet.
Um halb acht erreichte ich endlich Hamburg Altona. Zum einem war ich froh, dass ich die Gegend noch von meinem „König der Löwen – Urlaub“ in Erinnerung hatte. Zum anderen hätte ich gerne geflucht, denn es regnete in Strömen und alle Sorge galt meinem Trolli mit den Büchern. War das Ding überhaupt wasserdicht?, fragte ich mich verzweifelt.
An diesem Punkt habe ich einer Nervositätsattacke gerechnet. Doch mein bescheidener Orientierungssinn war damit beschäftigt, sich zu verlaufen. Praktischerweise sind Hamburger sehr nett. Dank meinem Koffer musste ich ausgesehen haben wie eine Touristin, die sich verirrt hatte, anstatt einer Autorin, die unterwegs zu ihrer Lesung war. Da war wieder mal Durchfragen angesagt.

Max Brauer SchuleKurz vor neun erreichte ich die Max-Brauer-Schule, wenn auch ganz schön durchnässt. Während ich auf Frau Zürn wartete, mit der ich im Vorfeld alles besprochen hatte, bestaunte ich die Aushänge auf den Gängen. Im Bereich der Lese- und Schreibförderung ist diese Schule äußerst aktiv. Einen Teil der Projekte hätte ich mir an meiner Schule gewünscht!
Irgendwann ließen sich die Schüler nicht mehr leugnen, die alle in eine Richtung strömten und zufällig von meinem Namen und „Autorenlesung“ sprachen. Ich folgte ihnen und fand mich im Musiksaal wieder. Wenn man drei Jahre lang keinen Fuß in eine Schule gesetzt hat, dann findet man auf den ersten Blick Sechstklässler ein wenig überdreht. Aber im Endeffekt waren die Schüler so laut, so ungeduldig und so begeistert am Hin- und Herrennen … wie Sechstklässler eben. 😉

Als Frau Zürn eintraf wurde die Geräuschkulisse nicht unbedingt ruhiger. Zumindest nicht, während für die Vorbereitungen das Mikro angeschlossen wurde, und ich ein paar Bücher auf dem Flügel ausstellte (die begeistert in die Hände genommen wurden). Testweise setzte ich an meinen Tisch auf dem Podium, goss mir ein Glas Wasser ein, legte mein „Vorlesebuch“ parat, und schaute hinunter zu den vielen Kindern. Dann sah ich zum Mikro. Kinder. Mikro. Kinder. Was war schlimmer?
Da war sie nun die Nervosität. Sie grinste mich an, aber ich grinste zurück. Ich wusste nämlich ganz genau, wie das Buch begann (Nicht nur, weil ich es geschrieben habe). „An seinem zwölften Geburtstag betrat Timmy zum ersten Mal Onnipolis. Die Hafenstadt …“ sage ich nur! 😉 Üben lohnt sich doch! Wie bei einem Pflaster zog ich die Nervosität ab; ohne dabei große Schmerzen zu erleiden. Hätte ich Zeit zum Nachdenken gehabt, hätte es bestimmt ganz anders ausgesehen. Doch Frau Zürn stellte mich den Schülern vor und Applaus brandete auf. Was wünscht man sich mehr? Wenn man für die bloße Anwesenheit beklatscht wird, kann man doch gar nicht anders, als sein Bestes geben? Gambate! Ihr wisst schon … 🙂

Die Lesung habe ich in drei Parts aufgeteilt. Zunächst las ich den Anfang des Buches, bis Timmy am Blumenladen ankommt, sprang ein paar Seiten und erklärte den Ursprung der kuriosen Berufe. Es klappte ganz gut. Kaum Hänger und kaum Versprecher. Dafür war es erschreckend, wie schnell ich mich durch die Seiten arbeitete, obwohl ich kaum schneller vorlas als sonst. Besonders gefreut habe ich mich über die Fragerunde, die zur Mitte gestartet habe. Die Kinder sollten überlegen, welchen Beruf sie in Onnipolis ausüben würden. Und die Hände schossen in die Höhe! Spieletester und – entwickler, Lottogewinner (das wäre ich gern), Süßigkeitentester, Koch, Frisurenerfinder, … alles war mit dabei. Ein Mädchen wollte eine Tierbesitzerin sein. Sie würde alle Haustiere besitzen und Delfine. Prompt rief natürlich ein Junge herein: Und einen weißen Hai.
Zuletzt las ich noch, welche Berufe Timmy austestet. Die Aufmerksamkeit der Schüler ließ langsam nach, aber meine auch. Ich verdrehte einmal die Wörter und meine Stimmenimitation von Ferdinand Bummler (er spricht wie ein Prollo) verlief nicht ganz reibungslos. Dennoch bin ich erstaunt, wie glatt es insgesamt ablief und wie konzentriert einige Schüler mir zugehört haben.

Die Lesung schloss ich mit einer Fragerunde zum Buch und meiner Person und es kamen die üblichen Verdächtigen. Was schreibe ich? Was für Bücher habe ich noch? Wie alt bin ich? Wie kommen mir Ideen? Wer sind meine Vorbilder? Was lese ich? Danach wünschten sich einige Schüler jedoch, dass ich die mitgebrachten Flyer signiere. Warum? Keine Ahnung. Ich habe erklärt, dass mein Name bei ebay nichts bringt ;), aber das schreckte sie nicht ab.
Zum Dank bekam ich dann noch einen Strauß Blumen geschenkt. Das war das erste Mal, das man mir Blumen schenkte … für eine Art Arbeit. Im Endeffekt ist eine Lesung wie eine Arbeit, bei der ich mein Buch präsentiere. Daher kann man sich sicher vorstellen, dass ich sehr, sehr begeistert bin von meiner Reise. Das Lesen hat Spaß gemacht, die Kinder waren ein tolles Publikum und ich bin um eine Erfahrung reicher. So schlimm, wie ich argwöhnte, war es gar nicht. Es war viel besser! 😀

Deswegen kann ich nur eins sagen: Wann darf ich wieder lesen? Bzw. wann ist die nächste Lesung geplant?.

Meine erste „große“ Lesung

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