Inhalt: Otto ist dreizehn und ein Genie. Er hat ein fotografisches Gedächtnis, wenig Skrupel und seine letzte Erfindung führte nicht nur zum Rücktritt des Premierministers, sondern verschafft Otto außerdem die Aufnahme am F.I.E.S.. Nur wenige Eingeweihte wissen von diesem mit allen Annehmlichkeiten ausgestatteten Eliteinternat, und damit das so bleibt, ist jeder Kontakt zur Außenwelt untersagt. Otto hat aber wenig Lust auf ein Leben im goldenen Käfig, deshalb plant er seine Flucht. Leider entpuppt sich das Internat als Hochsicherheitstrakt, und selbst mit der Unterstützung seiner neuen Mitschüler scheint es für Otto fast unmöglich, zu entkommen …
Sprache und Figuren: Otto spricht dem Leser als Hauptfigur gleich an, er ist kein Schurke, wie der Titel vermuten lässt, er ist eher gewitzt und weiß, wie man Leute unauffällig manipuliert. Deswegen landet Otto auch im Alpha-Zweig der Schule. Dort soll er mit wenigen anderen lernen, wie man Höheres anstrebt: Präsidenten mit Robotern austauscht, Laserkanonen ins Weltall schießt oder Regierungen manipuliert – Verstand ist groß geschrieben und den hat Otto auch! Aber Otto freut sich, wie jeder Dreizehnjährige auch, einen guten Freund zu finden und verschießt sich ein bisschen in eine Schulkameradin. Das macht ihn – trotz der Umstände – normal und zu einer runden Figur.
Herrlich erfrischend war für mich auch die Zeit, die sich der Autor in der Erzählung herausgenommen hat, um Ottos Vergangenheit zu beleuchten. Eine ganze Reihe von Kapiteln beschäftigt sich mit Ottos Leben vor dem F.I.E.S; was nicht weniger langweilig gewesen ist.
Schade fand ich, dass die vielen unterschiedlichen Nationalitäten am F.I.E.S. sich den gängigen Klischees bedienen. Warum muss der Asiate Kampfkunst können? Warum müssen die Eltern des deutschen (auch noch dicken Jungen) eine Schokoladenfabrik besitzen? Ottos Freunde sind von ihren Hintergründen und Beweggründen gut ausgearbeitet, leider wirken viele Nebenfiguren rein funktional. Besonders wenn sie im hinteren Teil des Buches sich nicht mehr von ihrer Sprache her unterscheiden und alle gleich sarkastisch daher reden. (Selbst Wing, der eigentlich Schweigsame.) Genauso wie Dr. Nero – der Antagonist – im Verlauf des Buches immer weicher in seinen Handlungen wird. So wirklich fies war der Mann nun nicht.
Lustigerweise verhielten sich jedoch alle Figuren gegenüber dem und in Interaktion mit dem F.I.E.S.-Hirn ihren Ansichten treu.
Zur Sprache lässt sich nichts viel sagen (siehe weiter unten beim Videospielvergleich). Auffällig war, dass bis auf Ottos gelegentliches Aufblitzen von Gedanken und Gefühlen, was im zweiten Teil jedoch auch nachlässt, der Erzähler sich auf Handlung und Informationsvermittlung beschränkt.
Lob und Kritik: Die Idee, ein verkehrtes Szenario aufzuziehen, also ein Internat für die Ausbildung von stilvollen Superschurken (böse und kriminell kann ja jeder sein), fand ich persönlich äußerst originell. Das Versteck des Hochsicherheitsinternats außerdem noch in einer Vulkaninsel zu tarnen – das hat Klasse! 😉 Auch waren die ausgedachten Fächer sehr schön zu lesen, da hat der Autor sich etwas Tolles einfallen lassen.
Dennoch liest es sich wie ein Videospiel, Walden ist aber auch bekannt dafür, früher diese programmiert zu haben. Daher habe ich diesen Punkt eher als Besonderheit aufgefasst, die frischen Wind bringt, als einen Nachteil. Zwar braucht der die Erklärung der Schule unglaublich lange (und man fühlt sich wie bei einem Einführungsvideo in solchen Spielen), aber Walden schafft es, dass auch diese Kapitel sich interessant und spannend lesen. Zumal weil wir es aus Ottos Augen sehen, der sich nicht überrumpeln lässt, und alle Funktionen und Zwecke der Einrichtungen eiskalt für seinen Vorteil analysiert. So kann der Leser sich in Ruhe an die Figuren, die Schauplätze und die Konstellationen gewöhnen.
Dann, relativ mittig im Buch, findet ein Bruch im Aufbau statt. Noch nie habe ich einen Kapitelübergang gelesen, der innerhalb von wenigen Seiten Monate zurücklegte! Die Figurenentwicklung wird rasant zusammengefasst, aber die Handlung geht nahtlos weiter. Fast, als hätte man alles Unwesentliche herausgestrichen, um sofort zum Finale (dem Ausbruch aus der Schule) zu schreiten. Schnell stellt sich heraus, dass dies nur ein Finalauftakt ist, aber dennoch bin ich immer noch ganz hin- und hergerissen, dass man einfach so viel Zeit weglässt. Immerhin tat es erzähltechnisch gesehen dem Roman nichts Schlimmes…
Zum Punkt des Computerspiels ist mir auch noch ein weiterer Punkt aufgefallen, das Buch baut sich wie Level auf. Die Schwierigkeiten ziehen an, Verbündete müssen gefunden werden und am Ende fügt sich jedes Detail in den Masterplan, bei den der Held sein Leben riskiert – zum Wohle aller.
Zusammenfassend: F.I.E.S. besticht mit einer originellen Idee und einer handlungsreichen und actiongeladenen Umsetzung, sowie gut gesetzten Witz. Daher vergebe ich dem Buch 4 von 5 möglichen Sternen, freue mich auf Band 2 und bete, bete, bete, dass der Verlag auch die restlichen Bände verlegen wird. Im Englischen gibt es nämlich bereits fünf!!