Jetzt ist der zweite Monat vorbei. Ich bin immer weniger angetan vom System neobooks. Die Idee ist gut, wirklich, aber an der technischen Umsetzung wird diese Plattform wohl scheitern.

Zu einem gibt es die ersten Toprezensenten. Ich würde sie eher Vielrezensenten nennen, die einfach alles lasen, was ihnen unter die Augen kam, und grob eine Bewertung abgaben. Grob bedeutet hierbei, dass man kurz zwei Zeilen schreibt und alles in den Erdboden stampft. Dabei – und das ist der Knaller – machen jene Rezensenten in ihren eigenen Manuskripten Fehler, die sie bei anderen bemängeln.  Dafür erhält neobooks jetzt die gewünschten Bewertungen. Dass hinter der Flutwelle aus Zweizeilenbewertungen nur der Ehrgeiz steht, sein Manuskript einzusenden, wird außer Acht gelassen. (Jeder Top-Rezensent darf einen Text vorschlagen, der dann vom Lektorat geprüft wird.)

Abgesehen davon, dass die meisten Top-Rezensenten, wie auch normale Leser, bestimmte Kategorien bevorzugen. Diese wären der Krimi, der Thriller, der historische Roman. Jugendbücher werden nicht beachtet oder an den Maßstäben eines Krimis gemessen. Langsam glaube ich, dass die meisten User von neobooks aus der Altersstufe 35-50 Jahre stammen.

Das Team von neobooks hat sogar in einen Forenbeitrag dazu motiviert, dass man Werke nicht zu Ende lesen muss. Meist könnte man nach den ersten Seiten absehen, ob etwas gut oder schlecht geschrieben ist. Der Grundgedanke mag ja stimmen, aber ob dies Sinn der Sache ist? Dass die breite Masse sich die Verhaltensweisen eines Lektors aneignet und Texten keine Chance mehr erteilt? Dann kann ich – so bitter das auch klingt – meine Texte wieder auf normalen Weg einreichen und hoffen, dass der Praktikant im Eingangslektorat meinen Stil mag.

Weiterhin wurden im Forum Rachebewertungen angekündigt, die noch nicht ausgeführt wurden. Aber man hat ja noch gut einen Monat Zeit, um dies umzusetzen.

Wer glaubt, das waren die schlimmen Punkte, den muss ich leider enttäuschen. Autoren in den Top Ten glauben daran, dass es einen Markt für Mittelmäßigkeit gibt. Ich weiß nicht, wie es anderen Schriftstellern geht, aber ich versuche mein Bestes – im Bereich meiner Möglichkeiten und meines Wissens. Mit mittelmäßig möchte ich mich nicht zufriedengeben.

Vom gleichen Autor stammt auch die Aussage über einen (meiner Meinung nach eine Überarbeitung nötig habenden) Roman, dass er zwar nur mittelmäßig geschrieben ist, aber dadurch, dass seine Hauptzielgruppe Frauen sind, ist das ja in Ordnung. Hallo? Nur weil man als Frau auch mal „leichte Kost“ liest, heißt das noch lange nicht, dass wir keinen guten Lesestoff wollen! Unterhaltungsliteratur ist nicht so einfach zu schreiben! Man muss diesen leichten, spritzigen Ton anschlagen und humorvoll sein. Humor ist jedoch das Schwerste, das ich mir als Autor vorstellen kann. Einerseits spritzige Dialoge zu verfassen, andererseits müssen sie auch von dem Leser als diese aufgefasst werden. Schnell verfällt man da in hölzerne Formulierungen.

Also von wegen es gibt einen Literaturmarkt für Mittelmäßigkeit!

Der Riss zwischen Rezensent und Leser wird immer größer. Dort wo man sich Mühe gibt und Texte wirklich auf Schwachstellen abklopft (ich möchte an dieser Stelle den User hauke für seine überwältigend ausführlichen Verbesserungsvorschläge danken), dort kommen innerhalb eines Tages zehn „normale Leser“, die den Text rasch konsumieren und mit „würde ich kaufen, ist leicht verständlich“ kommentieren. Ich habe diese Texte gelesen und ich fand sie alles andere als leicht verständlich. Wirr, mit Adjektiven beladen, ohne Handlung. Was bringt es, wenn ich einen guten Schreibfluss vorweise, aber der Inhalt nicht stimmt?

Zumindest kann ich von mir behaupten, dass ich mir meine Adjektivwut und Unditis abgewöhne. Das ist schon mal viel wert. Daher ein großes Dankeschön, an all die Rezensenten, die sich die Mühe machten, die Schwachstellen in Tou’Gards Leseprobe zu finden!

Dennoch bleibt die schlimmste Entwicklung der Netzwerk-Virus. Einige Texte sind davon befallen. Aber ich sage mal, dass ich mich noch glücklich schätzen kann, mit Tou’Gard den fünften Platz zu belegen… Wenn ich bedenke, dass Autoren, die eine 3000 Mann starke Gruppe bei XING moderieren nur knapp 60 Flieger bekommen. Zufälligerweise immer von Leuten um die vierzig, die betonen, wie toll Manager dieses Buch finden. Oh, zufällig hat der Autor jenes Buches auch auf seinem Blog dazu aufgerufen, dass er den ersten Platz erreichen will und kräftig Unterstützung braucht.

Derweil versuchen andere Autoren sich mit der Strategie „Ich geb dir `nen Flieger, dann gibst du mir auch einen“ durchzuschlagen, was erstaunlicherweise funktioniert. Ich jedoch finde dieses Verhalten mehr als wettbewerbsverzerrend.

Aber neobooks hat bereits Lösungsvorschläge gebracht:

Sie wollen das Bewertungssystem wie folgt ändern:

  1. Top-Rezenten werden mehr gewichtet. (Nicht zu vergessen, dass die meisten nur noch mit Rezensionen um sich werfen, um einen Text im Lektorat einzureichen. Abgesehen davon, dass durch die Meinung von Top-Rezenten bestimmte Kategorien verschwinden, wie das Kinder- und Jugendbuch.)
  2. Einmalrezensten werden wohl nicht in die Bewertung übernommen. (Damit fliege ich aus den Top Ten, da ich zwar viele Leute eingeladen habe, aber ich ja nicht absehen konnte, wem diese Plattform gefällt und wem nicht.)
  3. Klickzahlen sollen mehr Gewichtung bekommen. (Das ist meine große Hoffnung, da Tou’Gard schon knapp 3300 mal gelesen wurde. Jedoch der Computertechniker im Forum von neobooks schon erklärt, dass man sich ohne Probleme ein Programm schreiben könnte, um diese Zahlen zu manipulieren. Bis in den fünfstelligen Bereich! Pro Tag!)

Daher mein Resümee für den zweiten Monat bei neobooks: Es ist erschreckend, was Menschen alles versuchen, um etwas zu erreichen. Noch erschreckender ist, dass die wenigsten von ihnen sich auf faire Mittel berufen..

Der zweite Monat bei Neobooks

4 Kommentare zu „Der zweite Monat bei Neobooks

  • 5. Dezember 2010 um 19:56 Uhr
    Permalink

    Zuerst muss ich sagen, dass ich deine Leseprobe auf Neobooks bisher weder gelesen, noch bewertet habe (bei einigen Personen schließe ich nämlich nicht aus, dass sie ein Werk kritisieren, obwohl sie es nicht einmal gelesen haben), aber ich kann deine ‚Wut‘ gut verstehen.

    Ich habe gerade einmal die Kommentare unter deiner Leseprobe überflogen und meine sowieso schon schlechte Meinung über die Plattform hat sich wieder einmal bestätigt. Ich habe mich dort selbst vor einigen Wochen angemeldet, mit der Meinung, dass es eine nette Idee wäre. Allerdings ist mir schnell aufgefallen, dass es dort viel mehr ein großer Kinderspielplatz ist.

    Einige Autoren stiften jeden den sie kennen an sich dort anzumelden, um eine gute Kritik zu ihrem Werk zu schreiben, damit sie weit nach oben kommen im Ranking. Die Angestifteten geben dann eine gute Bewertung ab (man erkennt sie sofort daran, dass sie in nur wenigen Sätzen das Buch zum Himmel loben, trotz offensichtlicher Schwächen) und daraufhin noch einige andere Werke zerreisen. Es ist wirklich lächerlich und bei einigen frage ich mich wie alt sie sind.

    Ich bin mittlerweile 20 Jahre und schreibe seit ungefähr 10 Jahren, die ersten Versuche waren kläglich, aber mittlerweile arbeite ich an einer Reihe, die mir sehr wichtig ist. Aus diesem Grund habe ich sie auch nicht auf die Seite gestellt. Ich habe nichts gegen konstruktive Kritik! Die schätze ich sogar und ich habe kein Problem wenn jemand sagt, dass er mein Buch nicht mag. Jeder hat einen anderen Geschmack und Fantasy gefällt nicht jedem, aber was sich dort abspielt …nun dafür bin ich mir zu Schade. Und du hast meinen vollen Respekt, dass du das durchziehst. Ich hätte sicherlich längst die Geduld verloren bei diesen Möchtegern Kritikern.

    Jeder hat das Recht etwas nicht zu mögen, aber so respektlos die Werke von Autoren niederzumachen, dass ist einfach nur lächerlich. Ich werde mir bei Gelegenheit mal deine Leseprobe vornehmen und, falls das gewünscht ist, dir gerne mitteilen wie ich sie fand. Aber um Neobooks werde ich einen großen Bogen machen.

    Ich wünsche dir viel Glück bei der Suche nach einem Verlag!

  • 5. Dezember 2010 um 20:08 Uhr
    Permalink

    Hallo Jennifer,
    ich würde mich sehr freuen, wenn du meine Leseprobe lesen möchtest. 🙂
    Die aktuellere findest du auch hier auf der Seite unter „Meine Ideen“ –> „Tou’Gard“ –> „Leseprobe“.
    Auf jeden Fall danke für deinen ausführlichen Kommentar!

    Cornelia

  • 8. Oktober 2012 um 12:11 Uhr
    Permalink

    Erst mal hallo liebe Cornelia.
    Ich habe deinen Beitrag eben erst gefunden, und muss sagen, dass ich dir (selbst ein Jahr später) zustimmen muss.
    Es ist noch wesentlich schlimmer geworden, da inzwischen einige „Top-Rezensenten“ sich gegenseitig puschen um in die Top 10 zu kommen. Für jede etwas kritischere Rezension folgen sogleich 2 super klasse rezensionen, die den Autor auch schön oben halten.
    Auch das was du bereits in deinem ersten blog über neobooks geäußert hast, nämlich das viele Rezensionen lieblos mit zwei Sätzen dahingeknallt werden stimmt auffallend.
    Fällt man allerdings mit seinen Rezensionen aus dem Rahmen, und sagt, was einem nicht gefällt, obwohl es ja doch von einem der Top-Rezensenten geschrieben wurde, ist man ohnehin Chancenlos bei neobooks.
    Ich will nicht abstreiten, dass ich den ein oder anderen wirklich guten Tipp bekommen habe, im gegenteil, einiges hat mir geholfen, mich selbst zu verbessern, aber das ist auch schon alles, was ich von neobooks mitnehmen konnte.
    Nun kommt noch das „neobooks-selfpublishing-Konzept“ hinzu… was soll ich sagen, es macht die Sache nicht unbedingt besser.
    Mein Fazit nach drei Monaten Neobooks. Dies ist kein Weg, den man wählen sollte, wenn man ernst genommen werden will. Es ist ein gutes Marketingkonzept für den Knaurverlag, mehr aber auch nicht.

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